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Einmal auf dem Rücken eines Kamels die Wüste entdecken, ist schon lange ein Traum von mir. Schon von weitem höre ich das Grunzen und Schnauben des Kamels. Es kniet auf dem Boden und weiß, dass sich gleich Jemand auf seinem Rücken niederlassen wird. Vorsichtig nähere ich mich dem Tier. Es ist ein junges Kamel 6 Jahre alt, so erfahre ich. Sein Fell ist beige- naturweiß. Ab und zu öffnet es sein langgezogenes Maul und ich sehe seinen oval geformten Kiefer. So nah bin ich einem Kamel noch nie gewesen und gleich komme jich ihm noch näher. Mein Guide verstaut das Proviant für die Tour in die dafür vorgesehenen Taschen, die an dem Sattel angebracht sind. Er nickt mir zu und mit seiner Hilfe gelingt es mir, auf dem Rücken des Kamels meinen Platz einzunehmen. Unterstützend reicht mir der Guide seine Hand und schwungvoll bringe ich mein Bein über auf die andere Seite des Kamelrückens. Der erste Schritt ist geschafft. Das Kamel beginnt sich aufzurichten. Es entfaltet die eingeknickten und gebeugten langen Vorderbeine und anschliessend seine Hinterbeine. Ich halte mich gut fest an dem vor mir liegenden Sattelknauf und gelange von jetzt auf gleich in schwindelnde Höhe von nahezu 3 Metern. Eine ganz neue Position an die ich mich schnell gewöhne. Und jetzt heißt es Vertrauen. Vor uns liegt eine Wandertour hinein in die Berge der Wüste. Und das bedeutet erst einmal einen Aufstieg. Der Guide nimmt die Leine und los geht es. Wir laufen auf den schmalen Weg, der sich durch die Bergwelt schlängelt, zu. Dieser führt hinein in die Stille und Abgeschiedenheit. Das Kamel grunzt und gibt Laute von sich. Der Guide schnalzt mir der Zunge und stößt lautllose Geräusche aus, und fordert so das Kamel zum Laufen auf. Ich halte mich mit beiden Händen an dem Holzknauf fest, besonders dann, wenn es bergauf geht und das Kamel mit seinem hinteren Körperteil wie nachsetzt und ich somit aus der Schieflage wieder in die Gerade befördert werde. Es dauert fast eine Stunde bis wir die engen, steinigen und stets nach oben führenden Wege hinter uns lassen. Immer wieder fragt Ibrahim ; alles ok, you good? " Ja, very good" lautet meine Antwort. Als wir auf der Höhe ankommen, öffnet sich ein weites, breites ebenes Feld der Wüstenlandschaft. In der Ferne zeichnen sich die Konturen der Berge ab, die aufgrund des hellen Sonnenlichtes, von dem sie beschienen werden, eher zu erahnen sind. Das Kamel läuft nun über weichen Sandboden und mein Körper folgt dem schaukelnden Rythmus seiner Bewegungen. Seine Ohren sind mal spitz aufgestellt, dann wieder entspannt und geöffnet. Der herbe Geruch seines Fells streicht um meine Nase und erinnert mich an den Duft nasser Schafwolle. Immer wieder kommen wir vorbei an Beduinen Plätzen. Sie sind daran zu erkennen, das eine große Fläche umsäumt ist von einer Steinmauer. Auch sind diese Flächen teilweise begrünt und manchmal ist mittig ein Brunnen zu finden. Die Wüstenlandschaft zeigt sich in ihrer kargen Schönheit und lädt ein, noch tiefer einzutauchen in ihre Stille. Ibrahim bückt sich immer wieder und sammelt in seinem langen Gewand, das er hochgezogen hat zu einem Beutel, trockenes Holz. Am späten Vormittag finden wir einen schattigen Platz unter einem Eukalyptusbaum. Das Kamel wird aufgefordert, sich hinzuknieen und das Absteigen gelingt schon leichter als der Aufstieg. Komisch, jetzt wieder den Boden unter den Füßen zu spüren und auch das Gehen fühlt sich nach einigen Stunden, die ich auf dem Kamelrücken verbrachte, anders an. Es braucht einen Moment, bis sich meine Füße und Beine wieder anpassen an die Bewegungen des Erdbodens. Ibrahim richtet eine Feuerstelle. Immer wieder fügt er trockene Nadeln, die den Boden bedecken, dem Feuer als Brennmittel hinzu. In einer Kupferkanne bereitet er arabischen Kaffee vor und erst, als das Feuer richtig lodert, schiebt er die Kaffeekanne an den Rand des Feuers. Ich beobachte drei freilaufende Kamele, die plötzlich auf dem gegenüberliegenden Berg auftauchen. Später kommt noch ein viertes hinzu. Mein Kamel knabbert derweil an dem Grün des Baumes und gibt dabei laut knackende und knuspernde Geräusche von sich. Die Kamele schauen immer wieder interessiert zu uns herüber. Ich verlasse den Rastplatz und begebe mich auf Erkundungstour. Auf der Höhe eines Hügels eröffnet sich eine völlig neue Perspektive und ich schaue auf die Berge, die dort in der Ferne ruhen. Es ist ein Berg, der meine besondere Aufmerksamkeit auf sich zieht. Je nach Lichteinfall verändert sich die Farbe der Berge und es entsteht ein ganz eigenes Bild im Zusammenspiel mit dem intensivem Himmelsblau .Der Wind streicht sanft über die Hügel. Ich spüre die unmittelbare Kraft der Natur in jedem Augenblick und fühle mich verbunden mit ihr. Lange sitzen wir am Feuer, trinken erst Kaffee, dann gibt es Tee und später ein warmes Essen zu Mittag. Kartoffeln, Thunfisch mit frischen Tomaten und Zwiebeln, Bohnen und reichlich Obst. Irgendwann machen wir uns auf den Rückweg. Wieder grunzt das Kamel, das auf dem Boden kniet, bevor ich aufsteige. Dann folgt es seinem Guide. Wir laufen vorbei an weiteren Beduinplätzen. Und ich sehe eine Reihe Mohnplantagen. Wir nehmen für den Weg zurück eine andere Strecke. Voller Dankbarkeit verabschiede ich mich später von Ibrahim. Dankbar für seine feine, umsichtige und vorausschauende Art, mich und das Kamel zu führen. Dies zeichnet wohl auch die Qualität eines Beduinen Guides aus. Mit 25 Jahren ist er der Besitzer des Kamels. Nach unserm Abschied sehe ich, wie er im Schneidersitz auf seinem Kamel trohnt und den Nachhausetitt antritt.

Thursday May 25th, 2023
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Monday May 15th, 2023
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© 2024 Ute Maria Büenfeld / Schreibe mir