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Inspirationen, Gedanken, Erkenntnisse, Geschichten und Einblicke rund um das Pilgern.
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Den rechten Arm weit ausgestreckt gen Himmel, auf der flachen Hand ein Tablett, beladen mit 7 Schüsseln, erreicht Precip den Tisch des Restaurants der Villa Safira. Der Tisch ist bedeckt mit einer weißen Tischdecke und einer im orangefarbenen Ton gehaltenen Mitteldecke. Besteck, Gläser, kunstvoll gefaltene Stoffserviertten sind liebevoll arrangiert.

Mühelos balanciert er das Tablett und stellt die Schüsseln, gefüllt mit 7 verschiedenen Gemüsen auf den Tisch. Es ist Mittagszeit, die Temperaturen steigen stetig an und erreichen mühelos die 30 Gradmarke und mehr. Ein leichter Rock, der bis zu meinen Knien reicht und ein Shirt mit 3/4 Arm, so sitze ich mit anderen Gästen der Villa im Restaurant.

Precip, der junge Angestellte geht herum und befüllt jeden Teller mit roten Reis. Dann weist er kurz darauf hin, welche Art von Gemüse sich in den Schüsseln befindet und für welches Dosha es ausgleichend wirkt. Wir greifen zu, verteilen Jackfruit, das aussieht wie das heimische Gulasch, rote Beete, Moringa, Lotuswurzel, Ladyfingers, Aubergine, Kürbis . Eines der Gemüse ist scharf gewürzt, die Nase beginnt zu laufen und die Schleimhäute im Innenraum des Mundes brennen wie Feuer. Dennoch, schmackhaft abgestimmt mit den heimischen Gewürzen und angereichert mit Curryblättern, ergibt sich eine kulinarische Geschmacksvielfalt. Der Abschluss einer jeden Mahlzeit bildet ein süßes Dessert. Feines, kleingeschnittenes Obst, Kompott, oder Kokosschnitten runden das Mittagessen ab und hin und wieder gibt es sogar noch eine weitere kleine Portion.

Am Nachmittag bringt uns ein 3 rädiges Fahrzeug, auch Tuk Tuk genannt, zum heimischen Strand; an das Meer des indischen Ozeans. Auf einem Wiesenstück, welches unmittelbar an den Strand grenzt, befindet sich die überdachte Yogaplattform.

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In einer Stunde Hatha Yoga gilt es, die eigene Beweglichkeit zu erfahren, den Körper mit seinen Engen und Weiten, seinen Winkeln und Formen, die er mal mehr und mal weniger bereit ist, einzunehmen, neu zu entdecken. Das Chanten, meditieren und die Einführung in den buddhistischen 8 fachen Pfad, gehören ebenfalls zur täglichen Übung.

Danach graben sich die Fusssohlen Schritt für Schritt immer tiefer hinein in den feinen, warmen und feuchten Sand am Strand. Kinder baden an einer geschützten Stelle im handwarmen Wasser des Meeres. Ein junger Mann, flink und behende wie ein Wiesel, läuft über die Seile, die von Palmkrone zu Palmkrone gespannt sind und betreibt Baumpflege.

Eine Frau aus dem Ort spricht mich an. Ich bin ihr schon öfter begegnet. Sie verkauft Kleidung in einem Geschäft am Strand. Sie lobt die Qualität ihrer Leinen und Seidenstoffen. Preist ihre Nähkünste und bietet maßgeschneiderte Kleider an.

Ich sitze einfach da, schaue auf die Wellen des Meeres, die ungestüm und aufbrausend kommen und gehen. Beobachte, wie weit der Saum der Wellen sich herantastet und immer weiter forsch und ungeduldig Land einnimmt. Das Licht am späten Nachmittag verändert sich. Ich sehe den Schein der Sonne kreisrund in der Ferne am Horizont leuchten, prall, satt und saftig wie eine Orange, deren Frucht noch in ihrer Schale zuhause ist.

Um 19 Uhr Zeit für das Abendessen. Es ist meine letzte Mahlzeit in der Villa. Oft sassen wir abends nach dem Essen noch zusammen, mal ernst und mal heiter, mal plaudernd und mal philosophierend und immer auch bereit zu neuen Erkenntnissen. Den Abschied eines Gastes zu feiern, geht hier einher mit bestimmten Ritualen. Dazu werden oft schon am Nachmittag die ersten Vorkehrungen getroffen. Der Tisch aller Gäste wird verziert mit Blumenschmuck und Kerzen. Ein Schriftzug mit den Worten " Good bye " findet der Gast an seinem Platz oder per Leuchtschrift an der Wand. Ich bin berührt von dem liebevoll gedeckten Tisch am Abend und erfreue mich an dem stimmungsvollen Kerzenlicht und der Gemeinschaft mit vertraut gewordenen Menschen.

Es ist gut so wie es ist, die Zeit ist reif, Abschied zu nehmen. Ich gehe voller Dankbarkeit über jeden Tag, den ich hier erleben durfte.

Die nächste Überraschung wartet dann im Schlafzimmer. Das Bett ist mit Blumen und einem Herz geschmückt. Sprachlos bestaune ich das Kunstwerk.

Ein junger Angestellter, der in seiner Hemdbrusttasche einem mutterlosen Streifenhörnchen jeden Tag ein Zuhause gibt, war der kunstvolle Zauberer dieses Werkes.

Pünktlich um 2 Uhr in der Nacht breche ich auf und mache mich auf den Weg zum knapp 80 Kilometer entfernten Flughafen, unweit von Colombo.

Und am nächsten Tag um 17 Uhr stehe mit beiden Füßen auf deutschem Boden, Temperatur bei Ankunft 11 Grad. Unwesenrlich höher als bei meinem Abflug. Gute 1,5 Wochen vergehen, bis ich mich wieder zurechtfinde und ankomme in Europa, bereit mich den nächsten Aufgaben zu stellen.

Ayubowan

Ute


Pilgerin der Neuen Zeit

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