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Inspirationen, Gedanken, Erkenntnisse, Geschichten und Einblicke rund um das Pilgern.
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Schon morgens um 9 Uhr ist die Sonne unerbittlich heiß. Der Ort Jericho liegt in der Wüste. Wir stehen am Fuß des Berges der Versuchung- mountain of temptation. Die goldgelben Blüten der Zuchhini leuchten in der Sonne. Die vielen Bananen, sorgsam von der Natur in Dolden gebündelt, hängen noch gut geschützt an den Bananenstauden. Jericho ist ein fruchtbares Tal, auch bekannt für seine Medjoul Datteln.

Der Anstieg ist gemach, wir folgen der geteerten Straße. Doch schon bald wird der Weg zu einem schmalen Trampelpfad und führt in Windungen steil den Berg hinauf. Unweit über uns schweben die Gondeln der Seilbahn. Das Kloster am Berg der Versuchung wirkt wie angeklebt an die Felsen und der Blick in die karge und atemberaubende Wüstenlandschaft entschädigt für die körperlich Mühsal. Die ersten Händler bieten am Rand der Treppenstufen, die ins Kloster führen, ihre Waren an. Wasser, Datteln, Nüsse, Bananen, Schmuck und Souveniers. Im syrisch- orthodoxen Kloster laufen zwei Mönche, in schwarzen Kutten gekleidet, geschäftig hin und her in Vorbereitung auf den vor ihnen liegenden Tag. Wir bekommen den Hinweis, dass das Fotografieren unerwünscht ist Noch ein paar Treppenstufen dann stehen wir am obersten Punkt des Klosters. 40 Tage fastete Jesus in der Wüste und wurde immer wieder von den Widersacherkräften herausgefordert. Sie legten ihm das Königreich zu Füßen, er widerstand. Ein lebhafter Austausch zwischen Erika und mir entsteht. Seit meiner Reise auf den Spuren des Urchristentums beschäftigt mich immer wieder die Frage: Wie lassen sich die Botschaften und Hinweise aus der damaligen Zeit in die heutige Gegenwart transportieren, jenseits dessen, wie die Institution Kirche die Texte der Bibel gedeutet hat. Es ist, als stehen wir erst am Anfang, wirklch zu beginnen und zu begreifen, was die Offenbarungen und Worte Jesus Christus für unser jetztiges Leben bedeuten. Der Mönch äußert die Bitte, wir mögen an diesem Ort beten und nicht laut sprechen Rückwärts und mit eingezogenen Köpfen steigen wir die Treppe hinab in die kleine Grotte, in der Jesus während seines Aufenthaltes in der Wüste vermutlich geschlafen hat. Stehen ist fast unmöglich, wir sitzen auf dem Steinboden und fühlen uns eingeladen wahrzunehmen, zu fühlen, zu spüren und den heiligen Raum zu erleben.

Vor uns liegt der Jordan. Der Fluß, an dem Jesus von Johannes getauft wurde. Durch den Sand und den aufgewühlten Schlamm ist das Wasser hellbraun gefärbt. Menschen stehen in langen weißen Baumwollshirts bekleidet bis zur Hüfte im Wasser und tauchen dann einmal kopfüber in das Wasser ein. Die Szenerie erinnert an Bilder von Menschen im Ganges in Indien. Direkt auf der gegenüberliegenden Seite, nur einen Katzensprung entfernt, liegt Jordanien, auch dort stehen Menschen am Ufer des Flusses. Eine Pilgergruppe stimmt einen Gospel an und mir ist für einen kurzen Moment, als falle ich aus der Zeit.

30 Minuten später liegen wir auf dem Wasser des toten Meeres und lassen uns tragen, schwerelos. Es gibt nichts zu tun, das Wasser trägt uns und wir sind bereit, uns tragen zu lassen. 490 Meter liegt das tote Meer unter dem Meeresspiegel und ist somit der tiefste Punkt der Erde. Der hohe Salzgehalt des Wassers löst das Phänomen des Floaten aus. Abduschen, ankleiden und wir fahren weiter zu den Grotten, in denen die Schriftrollen von Qumeran vor ca. 80 Jahren in Tongefäßen gefunden wurden. Vorbeiziehende Hirten mit ihren Schafherden entdeckten sie und daraufhin begann die Suche nach weiteren Schriften. Im Museum von Jerusalmen konnte ich vor 6 Jahren die Originale sehen. Wir stehen inmitten flirrendem Sonnenlicht in der Wüste. In der Ferne gibt es fruchtbare Grüngürtel die landwirtschaftlich genutzt werden.

Nach einer langen Pause fahren wir zu unserem letzten Ziel für den heutigen Tag, den Hisham Palace. Ein Wüstenschloss aus dem 7 Jahrhundert v. Chr. Es war 2 Geschossig und bunte Mosaikflächen, ausgelegte Mandalas bedecken den Boden. An einer Stelle wird der Baum des Lebens gezeigt. Auf der linken Seite befinden sich 2 Rehe, auf der rechten Seite ein Löwe und ein Hirsch. Ein Bild für das Leben mit seinen LIcht und Schattenseiten als solches.

Wir verabreden uns mit Abid für den nächsten Morgen. Er wird uns nach Hebron, eine Stadt im Westjordanland, fahren.

Ein Tag mit vielen neuen Eindrücken neigt sich dem Ende und dankbar sitzen wir an dem Tisch, gedeckt mit einer rot- weiß karierten Tischdecke. Sameer, ein junger Mann kocht das Abendessen und seine Mutter gab ihm noch mit Lammfleisch gefüllte Teigrollen für uns mit.

Tuesday April 18th, 2023
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