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Inspirationen, Gedanken, Erkenntnisse, Geschichten und Einblicke rund um das Pilgern.
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Geschickt lenkt der Guide das Auto um die tiefen Löcher der unbefestigten Fahrwege herum. Die Fahrt durch und hinaus aus dem Ort gleicht einem Slalom Parcour. Die Kunst ist es alle Unebenheiten zu umfahren und auch die vielen Umleitungen zu passierten, die sich auf dem Weg ergeben. Der Ort gleicht einer einzigen großen Baustelle. Die ägyptische Regierung stellt einen großen Geldbetrag für die Region im Südsinai zur Verfügung und überall werden die unbefestigten Wege zu gepflasterten Straßen. Diese Maßnahmen werden das Leben der Einwohner, es sind überwiegend Beduinen, unwiderruflich verändern. Was sich aus den Veränderungen ergeben wird, das bleibt abzuwarten. Einige Menschen aus dem europäischen Raum, die hier lebten, so erfahre ich, verließen aufgrund der gewaltigen Baumaßnahmen das Land. Isabelle, eine Frau aus Deutschland und ich sitzen im Auto des Guides, der uns zu dem Katharinen Kloster fährt. Unternehmungen dieser Art und auch Ausflüge in die Berge und Wüste sind nur mit einem Guide erlaubt. Dies sieht die Regierung so vor. Das ist gewöhnungsbedürftig für mich nach all den Wochen des selbstständigen Reisens. Auf dem Weg zum Katharinenkloster passieren wir wieder einen Checkpoint, die Reisepässe halten wir bereit, diesmal wird das Auto souverän durchgewunken.

Das Katharinenkloster ist ein sehr bedeutsamer Ort für den Sinai, für das Christentum, den Islam und auch für das Judentum, dessen Auslegungen sich auf das Alte Testament bezieht. Das Heilige Kloster wurde am Fuß des Berges Horeb errichtet, auf dessen Gipfel der Prophet Moses von Gott die 10 Gebote und das Gesetz empfing. Innerhalb seiner Mauern umfasst es zwei wichtige Orte des Alten Testaments, der unverbrannte Dornbusch und der Brunnen Moses. Seit dem 3. jahrhundert nach Christus findet an diesem Ort ununterbrochen spirituelles asketisches Leben statt. Im 6. Jahrhundert zur Zeit des Kaisers Justian wird das Kloster errichtet. Der Begründer des Islams Mohammed, Kalifen und Sultane und auch europäische Persönlichkeiten wie Napoleon Bonarparte stellten das Kloster unter ihren Schutz. Jede Zusammenarbeit mit dem Kloster basierte auf dem Geist der gegenseitigen Wertschätzung und des Vertrauens. Im Jahr 2003 wurde es aus der Gemeinschaft der Unesco in die Liste der Weltkulturdenkmäler aufgenommen. Die Bibliothek des Klosters ist eine der ältesten und bedeutesten Bibliotheken der Welt mit einem Bestand an Papyri, Manuskripten, Drucken und Dokumenten verschiedener Sprachen. Besonders hervorzuheben ist der berühmte Sianitische Code aus dem 4. Jahrhundert. Beeindruckend ist die Sammlung der Ikonen, die zahlenmäßig die reichste und bedeutenste weltweit ist. Ikonen aus dem 6. und 7. Jahrhundert sind erhalten und von unvergesslicher Schönheit. Die älteste, erhaltenen Ikonen von Chrsitus und der Gottesmutter Maria befinden sich auch hier.

Am Kloster angekommen begrüßt Isabelle einen Guide, den sie bei ihrem Aufenthalt im Camp im vergangenen Jahr kennenlernte. Er bietet seine Begleitung an und so laufen wir zu dritt auf das Kloster zu.

Im Kloster selbst ist das Fotografieren untersagt. Ich betrete die griechisch orthodoxe Kirche und lasse mich auf einen der Sitzgelegenheiten nieder. Wir sind früh unterwegs und nur wenige Besucher mit uns. An den Seitenwänden und auch im Vorraum hängen unzählige wunderschöne Ikonen. Später treffe ich auf den Brunnen und an den Ort, an dem das Ereignis des brennenden Dornbuschs aus dem Alten Testament stattfand. Heute befindet sich an diesem Platz an einer Mauer ein Mosaikbild, das an das Geschehen von damals erinnert. Oberhalb dessen iwächst ein dichter unbelaubter Dornenbusch. An der Mauer gibt es Spuren des brennenden Dornbusches, so höre ich den Reiseführer berichten, die sich in die Steine einbrannten. Ich verweile hier, die Ruhe wird immer wieder unterbrochen von neuen Pilgergruppen die mittlerweile eingetroffen sind. Später besuche ich das Museum mit seinen vielfältigen Schätzen an Ikonen und Büchern. Dies ist wirklich beeindruckend. An einer Stelle finde ich eine Ikonographie von dem Hl. Nikolaus aus Myrra und von dem Wunder von Erzengel Michael in Chonai. Beide Orte hatte ich im März in der Türkei besichtigt. Vor den Toren des Klosters bieten Beduinen ihre Waren an. Schöne Handarbeiten der Frauen. Es sind kunstvoll bestickte Taschen aller Art und eine erdenkliche Auswahl an Edelsteinen. Hier wird verhandelt und gefeilscht. Pünklich um 12 Uhr schließt das Kloster seine Pforten. Die Händler beladen die Kamel mit ihren Waren und ziehen weiter.


Pilgerin der Neuen Zeit

© 2024 Ute Maria Büenfeld / Schreibe mir